Sonntag, 27. Juni 2010

Achtung Glosse



Anderer Leute Gärten...

Schlimm ist ja nicht der eigene Garten. Er kann doch nur Unkraut produzieren, wo man es nicht gebrauchen kann. Es können auch Pflanzen in ihm kränkeln die vorher gerade bei der Nachbarin noch quietschfidel waren. Er kann zu groß oder zu klein sein. Er kann Arbeit erfordern oder - wenn auch selten - mal zur Erholung einladen. Er kann schwerste Rodungsarbeiten nötig machen, wenn etwas zu alt, gestorben oder zu groß geworden ist... ja, ich gestehe, das alles macht Arbeit, aber schlimm sind wirklich nur fremde Gärten, die man an Tagen der offenen Gartentür auch - dumm wie man nun mal ist - besichtigt!
Diese Gärten sind heimtückisch! Ehrlich! Sie sind aufgeräumt bis zum Letzten und immer schön. Nie ist etwas hässlich und Alles ist erlesen. Die Verteilung von Licht und Schatten ist ideal, die Anlage der große Wurf, die Pflanzen strotzen vor Gesundheit, der Rasen ist wie grüner Samt!!! Andere Besucher achen und ohen und das schleichende Gift guter Ideen hat einen schon unmerklich im Griff. Terrassen schmiegen sich hübsch dekoriert ins Grün und Gerätehäuschen verstecken sich malerisch in allen möglichen Ecken. Kranzumwunden lauern Rosenpavillions auf meinen Neid. Terracotten der Superlative aus Italiens besten Werkstätten ideal bepflanzt mit Bleiwurz und Madonnenlilien stehen vor meinen tränenden Augen herum.
Warum... tu ich mir das nur immer wieder an???
Warum muss ich immer wieder der Verlockung erliegen mir an fremden Gärten eine blutige Gärtnernase zu holen???
Warum nur???
Ganz einfach, weil ich einen so großen Garten habe, dass ich unmöglich alle Ideen dafür alleine produzieren kann. Und so hole ich mir ohne schlechtes Gewissen die Idee für die Gestaltung eines Sprudelsteinvierecks mit Buchsbaumumrandung und Efeuüberdachung aus einer Gärtnerei in J. und die Umpflanzung von Baumscheiben mit Geranium aus einem Privatgarten in E. Und einen Ableger Mutterkraut, einer Spielart, die ich noch nicht kannte, krieg ich oben drauf. Auch die Ansicht, dass ein "Einfrauengarten" nicht top gestylt sein muss, dass Unkraut und Stauden eine gekonnte Sybiose eingehen können, um zu zeigen, dass eine Gärtnerin Phantasie hat, lässt mich über meinen Ordnungsbegriff erneut nachdenken. Hier wühlt das schleichende Gift besonders heftig, denn es gilt doch meinen gestalteten Garten an den Rändern in eine gezähmte Wildnis überzuleiten, da er in einer sogenannten Alleinlage liegt und ganz von Natur, Vieh- und Pferdeweiden umgeben ist. Der "Einfrauengarten" hilft dabei besonders, denn wenn ich mir vorstelle irgendwann (spätestens ab September) nicht mehr über zwei hünenhafte Helfer (Söhne) zu verfügen (nur nach mehrmaligen Bitten und dem Versprechen Lasagne zu machen, denn dafür sterben sie beide), dann fällt mir ein, dass dieser Garten die Lösung werden könnte.
Dort standen wie gesagt Unkräuter und Stauden in schönster Eintracht, die Wege dazwischen in geschorenem Grün. Gekrönt wurde das Ganze durch Skulpturen, die diese Gärtnerin selbstgetöpfert hatte... da klang eine verwandte Saite an... wenn die Kräfte nachlassen, muss man entweder einen Gärtner haben oder aus der Not eine Tugend machen, und da ich nicht Rothschild bin, weiß ich, welche der beiden Varianten ich wähle...
In einem dieser wundervollen Gärten fand ich auch die Lösung für unter braun gewordene Immergrüne. Sie durften ihrer brauen Äste beraubt und sinnvoll unterpflanzt einfach weiter säulenförmig in den Himmel streben. Das hat mich glücklich gemacht, denn ich rode ungern etwas, was noch lebt, und wohl auch gerne weiterleben möchte. Und schön sahen die alten Thujen und Zypressen aus, die mächtige Stämme gebildet hatten, Unter ihnen tummelten sich Rhododendren und Azaleen umwölkt von weißem Geranium. Und so muss kein Immergrün, das seinem Namen keine Ehre mehr macht, bei mir mehr sterben! Ach ja, fremde Gärten...

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